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Ein ganz besonderer Saft!

Jeder hat es, jeder braucht es – Blut! Ein erwachsener Mensch hat ca. 5-6 Liter Blut im Körper. Es transportiert Sauerstoff und Nährstoffe zu unseren Zellen, übermittelt Nachrichten, indem es Botenstoffe (Hormone) zirkulieren lässt, hilft uns bei der Bekämpfung von Infektionen durch beispielsweise Bakterien und Viren und sorgt stets für eine optimale Körpertemperatur.

Heute wissen wir so ziemlich alles über den Saft des Lebens, aber zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert sah das ganz anders aus. Lebensrettende Maßnahmen wie Bluttransfusionen, die heute selbstverständlich sind, bargen damals ein großes Risiko. Einige Patienten erholten sich nach der Übertragung, andere starben. Der Grund damals ein Rätsel.

Karl Landsteiner und das AB0-System der Blutgruppen

Die Lösung fand der österreichische Arzt Karl Landsteiner, der am 14. Juni 1868 in Baden bei Wien geboren wurde. Nach seinem Medizinstudium und seiner Promotion arbeitete er in verschiedenen Laboren in Zürich, München und Würzburg, bis er 1896 wieder nach Wien zurückkehrte, um als Assistent am Hygienischen Institut zu arbeiten. Von 1898 bis 1908 war er an der Pathologischen Anatomie der Wiener Universität tätig. In dieser Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, beschäftigte er sich intensiv mit den Blutproben verschiedener Menschen. Beim Vermischen der Proben entdeckte er, dass einige Proben verklumpten und andere nicht. Er trennte die Blutzellen vom Blut mittels Zentrifugation und experimentierte mit den isolierten Zellen und dem Überstand (Serum; flüssiger Bestandteil des Blutes ohne Gerinnungsfaktoren). Hier das gleiche Phänomen, das Serum einiger Menschen führte zum Verklumpen der Blutzellen, während dies bei anderen nicht passierte. Landsteiner folgerte daraus, dass das Serum verschiedener Menschen unterschiedliche Zusammensetzungen haben muss. Mit dem Blut von 22 Probanden testete er unterschiedliche Kombinationen und führte auch einen Kontrollversuch mit Hämophilie-Patienten durch, das heißt mit Patienten, bei denen die Blutgerinnung gestört ist, um auszuschließen, dass es sich um eine normale Blutgerinnung handelte. 1901 kam er zu dem Schluss, dass es mindestens drei Blutgruppen geben musste, die er als A, B und C bezeichnete; letztere wurde später in 0 („Null“) umbenannt. Im Jahr 1902 wurde schließlich auch die seltenste Blutgruppe AB von seinen Mitarbeitern gefunden.

Antikörper als Ursache für das Verklumpen

Der Grund für das Verklumpen der Blutzellen liegt an dem Vorhandensein von Antikörpern im Blut bzw. Serum sowie an Proteinen (Antigenen) auf den roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Denn wenn die Antikörper im Serum auf passende Antigene auf den Erythrozyten treffen, binden sie daran und die Zellen verklumpen!

Hier ein Überblick über die einzelnen Blutgruppen:

Würden beispielsweise A-Antikörper (im Serum bei Blutgruppe B) auf A-Antigene (auf Erythrozyten bei Blutgruppe A) treffen, käme es zur Bindung.

Um ein derartiges Szenario zu verhindern, muss vor einer Bluttransfusion darauf geachtet werden, dass die Blutgruppen von Spender und Empfänger übereinstimmen.

ABER: Menschen mit der Blutgruppe 0 gelten als Universalspender und Menschen mit der Blutgruppe AB als Universalempfänger. Denn die Erythrozyten bei Blutgruppe 0 weisen keine Antigene auf und können somit auch nicht mit Antikörpern des Empfängers interagieren, während die Übertragung von Erythrozyten aller Blutgruppen auf Empfänger mit der Blutgruppe AB möglich ist, da diese von Natur aus keine A- und B-Antikörper im Blut haben. In diesen Fällen dürfen aber nur die reinen Blutzellen übertragen werden und keine Antikörper des Spenders, das heißt, kein Vollblut (enthält alle Blutbestandteile), Plasma (enthält keine Blutzellen, aber die Gerinnungsfaktoren sind noch enthalten) oder Serum (enthält weder Blutzellen noch Gerinnungsfaktoren).

Für Spender und Empfänger bedeutet dies:

Um dieses Prinzip zu verdeutlichen, ohne eine notwendige Blutentnahme, bieten wir ein Experiment mit künstlichem Blut an: https://www.phywe.de/de/kla-110-102.html. Die Bestimmung der Blutgruppen bzw. die Verklumpungsreaktion kann so ganz einfach im Unterricht simuliert und auf einfache Weise nachvollzogen werden. Im Rahmen dieses Experiments besteht ebenfalls die Möglichkeit die Größe der im „Blut“ enthaltenen Blutkörperchen mikroskopisch zu ermitteln, wodurch ein erster Einblick in die Blutuntersuchung, wie sie beispielsweise in Routinelaboren für Arztpraxen durchgeführt wird, zu gewinnen.

Aufgrund von Landsteiners Entdeckungen können Bluttransfusionen seit 1907 erfolgreich durchgeführt werden. Für seine Forschung erhielt er 1930 den Medizin-Nobelpreis. Landsteiner verstarb am 26. Juni 1943 in seiner Wahlheimat New York City, USA.

Weitere Informationen finden Sie hier: